Ordnung und Fortschritt - was soll man mit solch einem philosophisch anmutenden Thema anfangen: Ordnung und Fortschritt? Und was hat das mit der WM in Frankfurt zu tun? Keine Bange, ich möchte hier nicht über den sogenannten Wirtschaftsstandort Deutschland referieren ...
Es handelt sich hier um die deutsche Übersetzung des Leitspruchs der brasilianischen Nationalflagge: ordem e progresso. Nun haben wir Deutschen ja eine sehr eigene Vorstellung - um nicht zu sagen: Definition - des Begriffs "Ordnung". Ordnung ist das halbe Leben und die andere Hälfte besteht aus einer unbarmherzigen Disziplin, diese Ordnung überhaupt zu ermöglichen und am Leben zu erhalten - eben die deutsche Ordung. Dem Begriff "ordem" wohnt jedoch eine ganz andere Bedeutung inne, ist damit die Ordnung im Sinne von "Basis" als Grundlage für die Erreichung eines Ziels gemeint. Und das Ziel ist nun mal der Fortschritt. Doch Vorsicht: auch hier besteht Verwechslungsgefahr mit unserer Vorstellung von Fortschritt, auch wenn die Überschneidung mit der Bedeutung von "progresso" dabei sehr groß ist. "Fortschritt" im brasilianischen Sinne will unter anderem ein Lebensgefühl vermitteln; ein Vorwärtskommen und Sich-bereichern jenseits materialistischer Wertvorstellungen. "Ist die Familie gesund, ist die Welt in Ordnung. Und immer am Ball bleiben, zusammenhalten und das Feiern nicht vergessen" könnte in etwa eine auf die WM umgemünzte Übersetzung für "Ordnung und Fortschritt" im braslianischen Sinne lauten. Die Ordnung als Basis und der Fortschritt als Ziel: ordem e progresso.
Warum erzähle ich das? Weil ich in den letzten Wochen sehr viel über andere Menschen und vor allem von anderen Menschen aus allen möglichen Teilen der Erde gelernt habe. So auch von den Brasilianern, die am 27.06. nach dem Sieg über Ghana wieder mal vom allerfeinsten am sachsenhäuser Ufer gefeiert haben. Auch wenn ich mich wiederhole: dieses Lebensgefühl und der dabei überspringende Funke, die Art miteinander zu singen, zu tanzen, zu feiern ist mir bei den Brasilianern in höchstem Maße sympatisch. Unter dem Motto: "vergesst alle Sorgen - das Leben ist so einzigartig schön und jetzt lasst uns feiern" tanzen Großmütter mit ihren Enkeln, nähern sich Teenager im Rhytmus der Sambaklänge neckisch einander an, finden alle Menschen fröhlich zusammen, ganz gleich ob jung, ob alt, ob hetero-, homo-, trans-, metro- oder was auch immer -sexuell - und jeder ist herzlich dazu eingeladen. Man muss es einfach erlebt haben.
Bereits im Vorfeld des Spiels tanzten Brasilianer und Ghaner zusammen in der Mainarena zu afrikanischer Musik, live gespielt von einer Band auf der HR3-Bühne. Die Stimmung war erwartungsgemäß ausgelassen und fröhlich, auf Motivsuche brauchte ich mich gar nicht erst zu begeben. Die im Anschluss des Spiels stattfindende Feier auf dem brasilianischen Stand unterbrach ich für kurze Zeit, um in der sachsenhäuser Mainarena die Stimmung bei der Begegnung Spanien gegen Frankreich mit meiner Kamera einzufangen. Doch vertrieben von der Langeweile und Motivarmut kehrte ich dann nach höchstens drei Minuten Aufenthalt bei einem gähnenden Publikum zu den aufgeweckten Brasilianern zurück und verbrachte dort den Rest des Abends.
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